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Tipps und Erfahrungen zur Bewältigung
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Trauern 101: Wie du mit dem Tod von Angehörigen umgehst

Der Trauerprozess ist ein ziemliches Auf und Ab und jedem geht’s anders dabei. Uns auch. Deswegen gibt’s heute feinste Tipps und Erfahrungen, wie du den Tod deiner Lieblingsmenschen bewältigst. Weil du’s kannst und weil dus wirst. 

„Trauer endet nie, aber sie verändert ihren Verlauf. Kein Ort zum Verweilen. Trauer ist kein Zeichen von Schwäche, kein Mangel an Glauben. Es ist der Preis der Liebe.“ - Unbekannt.

Wir alle gehen durch den Trauerprozess auf unsere eigene Art und Weise. Es gibt keine universelle IKEA-Anleitung, um dich wieder zusammenzubauen. Heilung ist eine höchst individuelle, emotionale und komplexe Angelegenheit – kein wissenschaftliches Problem. Manchmal mag sie sich gar unmöglich anfühlen, als würde diese aufgetane Wunde ab jetzt für immer bei dir bleiben und irgendwann eine hässliche Narbe abgeben, die dich tagtäglich an Verlust erinnert. 

Ein vertrautes Lied, das man früher immer mit der verstorbenen Person gehört hat, ein familiärer Geruch, der einen plötzlich in Erinnerung schwelgen lässt, eine Aktivität, die man immer gemeinsam gemacht unternommen hat – all das triggert. Und jetzt, nach allem, bleibt von Gemeinsam nur noch Einsam. Wir werden im folgenden Artikel nicht versuchen, Trauer zu vereinfachen, oder so tun, als hätten wir alle Antworten parat. Aaaber wir können dir Vorgehensweisen zeigen, um den Schmerz zu lindern.  

Wie mit dem Tod umgehen, vorankommen, positiv abschließen, das Leben des Verstorbenen ehren – das lässt sich doch gut in einem wohlgemeinten Artikel besprechen.

Trauern 101: Wie du mit dem Tod von Angehörigen umgehst
Prepare to go deep. Foto: Pexels Engin Akyurt

Five Phases Of Bullshit 

Aber bevor wir richtig anfangen: Lass uns gleich etwas klarstellen. Du hast wahrscheinlich schon von ihnen gehört – den fünf Phasen der Trauer. Sie wurden von der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross anno 1969 ins Leben gerufen und lesen sich wie folgt: Leugnen, Wut, Verhandeln, Depression und schließlich Akzeptanz. Dabei bezog sie sich aber viel mehr auf die Trauer, die jemand hat bevor er/sie stirbt, als auf die Hinterbliebenen. Und obwohl es definitiv ein interessantes Modell ist, ist das gesamte Konzept mittlerweile ein wenig veraltet.  

Die meisten modernen Psychologen sind sich einig, dass Trauer bei weitem kein linearer Prozess ist, nicht zusammengefasst werden kann und von jedem Einzelnen komplett anders erlebt wird. Konzentriere dich also darauf, wie du jetzt, in diesem Moment heilst. Du musst nicht vorhersehen, was die nächste Phase dieses Prozesses sein könnte oder dich fragen, in welchem Stadium du gerade bist. Es ist deine Trauer, dein Prozess, deine Geschichte.

Lass deinen Emotionen freien Lauf 

Unsere Trauer zu akzeptieren – viel einfacher gesagt als getan – fühlt sich manchmal wie eine mühsame Schlacht in unserem Kopf an. Ein Teil von uns will einfach nur die Realität dessen, was passiert ist, zurückweisen, sodass wir manchmal unsere tiefsten Emotionen ablehnen. Aber es ist wichtig, diesen Gefühlen gegenüber nicht taub zu werden. Gesteh sie dir ein und versuch zu verstehen, warum du fühlst wie du fühlst. Lass sie durch jede Faser deines Körpers fließen und denk dabei daran, dass es keine richtigen oder falschen Gefühle gibt. 

Wie und warum du dich mit  dem Tod beschäftigen solltest, erfährst du hier.

Umgib dich mit den richtigen Leuten 

Die Menschen um dich herum machen einen großen Unterschied. Aber wie viele Experten festgestellt haben, können sie unseren Heilungsprozess nicht nur unterstützen, sondern auch behindern. Es gibt nämlich diejenigen, die uns ermutigen, so schnell wie möglich darüber hinwegzukommen, damit wir endlich wieder unsere „good old selves“ sein können. Wenn auch gut gemeint, ist das offensichtlich nicht sehr hilfreich.  

Die besten Begleiter in diesen dunklen Zeiten wissen, wie man zuhört. Manchmal gibt es keine Worte, um auszudrücken, wie wir uns fühlen, und keine Worte, um uns zu beruhigen. Diese Menschen verstehen, sind einfach für uns da. Einfühlsamkeit braucht es, um zu merken, wann du als Trauernde/r positive Ablenkung benötigst, und wann es eine Schulter braucht, in die du reinheulen kannst. Das heißt: Umgib dich in diesen Zeiten eher mit Leuten, die eben solche Charaktereigenschaften haben. Die dir Raum geben, deine Trauer unverfälscht auszudrücken. Bedeutet nicht, dass du die Freundschaft mit all jenen kündigen musst, die das Trauerspielchen noch nicht ganz durchblickt haben. Nur für den Moment, kannst du es dir durchaus erlauben, Abstand zu nehmen, um dich auf dich selbst zu konzentrieren. 

Trauern 101: Wie du mit dem Tod von Angehörigen umgehst
Die richtigen Freunde machen all den Unterschied. Foto: Pexels/Kindel Media

Externe Hilfe 

Falls du mit deiner Trauer gerade nicht so gut umgehen kannst, schäme dich nicht. Überwältigt zu sein, ist völlig normal. Aber consider this: Versuch’s doch mal mit professioneller Hilfe. Es gibt einige gute Anlaufstellen, die dazu ausgebildet sind, mit dir den Weg des Trauerns (zumindest für eine Weile) zu gehen. Mit Psycholog:innen wirst du nicht viel falsch machen, aber speziell für diese Situation bieten sich Trauer-Coaches an. In mehreren Sitzungen legen sie dir die nötigen Werkzeuge in die Hand, um wieder Herr und Frau deiner Gefühle zu werden. Am Ende des Artikels findest du unsere Anlaufstellentipps.

Nutze Kunst als Ventil 

Diese tiefen, schweren Gefühle werden nicht einfach verschwinden, aaaber du kannst sie nutzen. Wie ein Staudamm, der aus einem wütenden Fluss Strom generiert. Nimm deinen ganzen Frust, die Angst und die Trauer und kanalisiere sie! In etwas Kreatives. Hast du dir schon mal die Texte deiner Lieblingslieder angehört? „Knocking on Heaven’s Door“, „Candle In The Wind“, “Tears In Heaven“ – Bob, Elton und Eric sind durch den gleichen verdammten Prozess gegangen wie du. Und das sind nur die Beispiele, die jeder kennt.  

Wenn du ein Instrument spielen und singen kannst, versuche, einen Song über die vom Winde verwehte Person zu schreiben. Er muss ja nicht gut sein. Es geht hier um dich, nicht um deine Karriere. Anyway, Kunst allgemein ist eine der hilfreichsten Heilmethoden. In ihrem Buch „It’s ok that you’re not ok“, empfiehlt die Psychotherapeutin Megan Devine, diese Emotionen zu nehmen und sie in ein Gemälde, eine Zeichnung, oder eine andere Kunstform zu gießen, die dir einen künstlerischen Ausdruck ermöglicht. 

Weitere Tipps und einen ganz persönlichen Ansatz zur Trauer findest du auf der nächsten Seite.

Über die Serie

Oh nein, nächstes Tabuthema auf Kollisionskurs! Als ob Krebs nicht ausreicht. Machen wir uns nichts vor: Krebs wird direkt mit Sterben, Tod und Trauer in Verbindung gebracht, auch wenn viele Krebserkrankungen gar nicht tödlich sind. Geht’s doch schließlich ums Abschiednehmen, das alte Leben loslassen.

Wer uns kennt, weiß, dass wir alles locker, aber nichts auf die leichte Schulter nehmen. Schon gar nicht das Lebensende. Scheiden tut weh, keine Frage, und den Löffel abzugeben ist nicht lustig, aber wer zuletzt lacht, soll am besten lachen. Lass uns gemeinsam ins Gras beißen! Wie, das erfährst du in dieser Serie.

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