So redest du mit krebskranken Menschen in Familie und Freundeskreis
Krebs ist nicht nur für Erkrankte ein Schock, sondern auch für Angehörige und Freund*innen. Wie damit umgehen? Was ist jetzt wichtig? Wie dem geliebten Menschen helfen? Wir sagen es dir.
Eine Krebserkrankung ist für die erkrankte Person wie ein Riss im Boden, der sie zu verschlucken droht. Ihrer Familie und dem gesamten Umfeld geht es oft gleich. Neben der Verlustangst und dem Gefühl der gebundenen Hände türmen sich unzählige Fragen auf. Wie spricht man mit einem krebskranken Menschen? Was braucht jemand, der an Krebs erkrankt ist? Welche Ratschläge sind sinnvoll? Welche nicht? Was kann ich tun, um jemanden mit Krebs zu unterstützen?
Das offene Gespräch ist unerlässlich, um Unsicherheiten wie diese zu klären. Du denkst, dass man über Krebs nicht redet? Wir Kurvenkratzer schon. Trotzdem solltest du empfindsam und respektvoll auf die krebskranke Person zugehen und dich darauf vorbereiten. Wir sagen dir wie.
1. Informiere dich zuerst selbst
Du hast direkt von der erkrankten Person erfahren, dass sie Krebs hat? Oder hat es „die Runde gemacht“ und es hat dir jemand anderer erzählt? Dein erster Impuls ist sicherlich, Mitgefühl auszusprechen und gut zureden zu wollen. Aber warte einen Moment. Versuche, dich selbst als von einer tödlichen Krankheit betroffen zu sehen und überlege, was du dann gerne hören würdest.
Krebs ist nicht gleich Krebs. Weißt du schon, um welche Krebsart es sich handelt, wie das Stadium der Erkrankung ist, ob bereits eine Behandlung gestartet hat? Bist du unschlüssig, informiere dich zuerst über die Krankheit und die Auswirkungen auf das Leben der erkrankten Person. Vermeide es, hinter ihrem Rücken in deren Umfeld herum zu plaudern.
Das Internet ist übervoll mit Fakten und Wissen über Krebserkrankungen, auch vermeintlichem. Wie du es in der Informationsflut vermeidest, Falschmeldungen auf den Leim zu gehen, liest du hier: „Ist die Diagnose gesichert? Gezielt informieren nach der Krebsdiagnose in fünf Schritten“.
2. Hoffnung zusprechen, statt Unsicherheit zu stiften
An Krebs erkrankte Menschen sind üblicherweise extrem verunsichert. Ihre körperliche Integrität ist beschädigt. Sie haben Todesangst. Es ist kontraproduktiv, die erkrankte Person in so einer Situation nach Ursachen, Heilungschancen oder dem Warum zu löchern – auch wenn dir diese Fragen auf der Zunge brennen. Erkundige dich, wie dein Familienmitglied, deine Freundin oder dein Freund mit der Situation umgehen möchte. Und dann: Höre lieber zu, als selbst viel zu sprechen.
Achte darauf, was der krebskranke Mensch aktuell braucht. Wenn es dir schwerfällt, das zu erkennen, gelingt es dir vielleicht, sorgsam nachzufragen:
- Wie fühlst du dich?
- Was brauchst du gerade jetzt?
- Wie kann ich dich unterstützen?
- Wonach sehnst du dich im Moment?
- Wie kann ich für dich da sein?
- Wobei darf ich dir helfen?
Schütte Erkrankte nicht mit Ratschlägen, Mahnungen oder Schuldzuweisungen zu. Das steigert den Druck, verstärkt die allgemeine Irritation und birgt die Gefahr von unnötigen Streitigkeiten. Frage nach, ob die erkrankte Person aufgeschlossen für Tipps ist, von denen du glaubst, dass sie brauchbar sein könnten. Zeige Interesse und versuche, angemessene Hoffnung auszustrahlen.
3. Sei da, ohne Druck auszuüben
Es ist hilfreich, für die an Krebs erkrankte Person da zu sein, die Sorgen und Unsicherheiten mit ihr auszuhalten. Das ist nicht einfach. Wenn du nicht weiter weißt, schweige lieber, als die krassesten Killerphrasen zu verwenden:
Killerphrase 1: „Du musst stark sein!“
Es ist keine Frage von Stärke oder Schwäche, „gut“ oder „schlecht“ mit einer Krebserkrankung umzugehen – geschweige denn, diese zu überleben. Der erlittene Kontrollverlust über das eigene Leben ermüdet und ermattet Erkrankte. Gefühle anzusprechen heißt nicht, schwach zu sein. Hilf der erkrankten Person (und auch anderen indirekt betroffenen Angehörigen) lieber, ihre inneren Kräfte zu aktivieren.
Killerphrase 2: „Du musst positiv denken!“
Eine klassische Worthülse. Versetze dich in die Lage der betroffenen Person. In welchen Hals würdest du solch einen Appell bekommen? Bei Krebs verändert sich schlagartig das ganze Leben. Eine positive Grundhaltung einzunehmen ist im Angesicht von Existenzsorgen und Todesangst schwierig. Daher ist es wichtig, zuerst wieder Kontrolle und Sicherheit zurückzuerhalten, bevor zuversichtlich in die Zukunft geblickt werden kann.
Killerphrase 3: „Du musst kämpfen!“
Im Krieg wird gekämpft. Mit Waffen wird gekämpft. Beim Kämpfen gibt es Verluste. Kampf kostet Energie. Wer kämpft, kann sterben. Kriegerische und martialische Sprache ist bei Krankheiten unangebracht. Sie leitet den Fokus auf Anstrengung, Schmerz und Leid. Woher soll dann die Kraft für eine Heilung kommen?
Auf der nächsten Seite geben wir dir einige Beispiel, wie du für den erkrankten Menschen konkret da sein kannst.
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Über die Serie
Eine Krebsdiagnose schlägt wie ein riesiger Meteorit in das Leben von Betroffenen und Angehörigen ein. Wer damit konfrontiert wird, weiß im ersten Moment nicht, wie mit der neuen Situation umzugehen ist. Das ist komplett normal. Bisher schien alles so toll in geradlinigen Bahnen zu verlaufen. Nun sind vom einen auf den anderen Tag die Prioritäten total verschoben.
Kurvenkratzer reicht dir mit dieser Checklisten-Serie Tipps für die Bewältigung des Schocks. Wir haben praxiserprobte Hilfestellungen für die häufigsten Situationen während einer Krebserkrankung für dich auf Lager – vom medizinischen Gespräch bei der Diagnosestellung bis zum Reha-Aufenthalt in der Nachsorgephase. Und wir geben Impulse, wie dir ein achtsamer Umgang mit der Erkrankung gelingt.
Bitte beachte: Krebs ist höchst individuell. Die auf diesen Seiten enthaltenen Informationen stellen keine verbindliche und vollumfängliche medizinische Auskunft dar. Bitte berate dich betreffend deiner Therapieentscheidung jedenfalls mit deiner Ärztin oder deinem Arzt. Kurvenkratzer übernimmt keine Haftung für Fehlbehandlungen.