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Einsamkeit – Wege rein & Wege raus

Einsamkeit tötet. Entstanden aus purem Überlebensdrang, ist sie nun die Volkskrankheit der Moderne. Es gibt mehrere Arten und Gründe für Einsamkeit und zum Glück auch eine Menge an Wegen aus ihr heraus. 

Loneliness kills. 

Während wir uns über 3D-Drucker und Künstliche Intelligenz unterhalten, bleiben unsere Körper und Köpfe praktisch dieselben wie vor 50.000 langen Jahren. Wir sind immer noch darauf abgestimmt, miteinander Zeug zu deichseln. Umfangreiche Studien haben gezeigt, dass der Stress, der durch chronische Einsamkeit ausgelöst wird, eine der ungesundesten Erfahrungen ist, die du als Mensch haben kannst (gleich nach Shisha rauchen).  

Du alterst schneller, dein Immunsystem wird schwächer, Krebs wird tödlicher, Alzheimer schreitet schneller voran. Einsamkeit ist doppelt so tödlich wie Fettleibigkeit und ungefähr gleichzustellen mit einer Packung dunkelroter Marlboros pro Tag.  

Das Beschissenste an Einsamkeit ist, dass, sobald sie erst einmal chronisch geworden ist, selbstverstärkend wirkt. Physischer und psychischer Schmerz haben eine ähnliche Wirkung auf dein Gehirn. Beide fühlen sich wie eine ernsthafte Bedrohung an und führen zu sofortigem und defensivem Verhalten.  

Wenn Einsamkeit chronisch wird, geht dein Gehirn auf Selbsterhaltungsmodus. Es beginnt daher, Gefahr und Feindlichkeit überall zu sehen. Außerdem haben einige Studien herausgefunden, dass Einsamkeit zwar empfangsbereiter und wachsamer für soziale Signale macht, diese aber eher negativ interpretiert werden. Du schenkst anderen dann größere Beachtung, aber verstehst sie schlechter.  

Der Teil deines Gehirns, der Gesichter erkennt, schätzt neutrale Gesichter als böswillig ein, das macht auf Dauer sehr misstrauisch. Einsamkeit lässt dich das Schlimmste über die Absichten anderer gegenüber dir annehmen. Deshalb wirst du, um dich zu schützen, selbstbezogener, was dich schnell mal kälter, unfreundlicher und schüchterner erscheinen lassen kann, als du wirklich bist. 

Teddybär halt Schild, auf dem steht:
Freunde sind wie Bäume - es kommt nicht darauf an, wie viele es sind, sondern wie tief ihre Wurzeln sind. (Foto: Pexels/Marina Shatskikh)

Dem Teufelskreis entrinnen 

Was kannst du also gegen Einsamkeit tun? Wenn Einsamkeit der gefühlsbeherrschende Faktor in deinem Leben geworden ist, ist das Erste, das du tun kannst, den Teufelskreis zu erkennen, in dem du vielleicht steckst.  

Ein anfängliches Gefühl von Isolation führt zu Nervosität and Traurigkeit –> du fokussierst dich in Gedanken auf die negativen Aspekte in Interaktionen mit anderen –> deine Gedanken über dich und andere werden negativer –> dein Verhalten ändert sich –> du fängst an, Sozialinteraktionen zu meiden –> das Gefühl von Isolation verstärkt sich –> usw. 

Dieser Teufelskreis wird mit der Zeit immer schlimmer und schwerer zu durchbrechen. Einsamkeit lässt dich weit weg von anderen in der Klasse sitzen, nicht auf Anrufe von Freund:innen reagieren, Einladungen ablehnen, bis diese irgendwann gar nicht mehr kommen. Jede:r hat eine Geschichte zu erzählen und wenn deine Geschichte immerzu von deiner Einsamkeit handelt, nehmen dich andere auch irgendwann so wahr. 

Und so wird deine Außenwelt sich weiter deinen inneren Vorgängen anpassen. Das ist oft ein langsam voranschreitender Prozess, der Jahre dauert und in Depression mündet, oder zumindest einem Zustand, in dem du soziale Kontakte unterbindest, selbst wenn du dich nach ihnen sehnst.  

Akzeptiere, dass Einsamkeit ein absolut normales Gefühl ist und nichts, weshalb man sich schämen sollte.  

Buchstäblich jede:r fühlt sich irgendwann in ihrem:seinem Leben einsam, es ist eine allgemeine, menschliche Erfahrung. Du kannst ein Gefühl nicht einfach so lange ignorieren, bis es plötzlich verschwindet. Aber du kannst akzeptieren, dass du es fühlst und kannst das Problem an der Wurzel packen. Du kannst beobachten, worauf du deine Aufmerksamkeit richtest und überprüfen, ob du negative Dinge gezielt hervorhebst.  

gelbes Haus umgeben von einem Stacheldrahtzaun
Ja, dein Heim ist ein Rückzugsort, aber hinterfrage immer, ob der Rückzug noch gut für dich ist. (Foto: Unsplash/Alin Andersen)

Frag dich folgendes: 

War die Interaktion mit einem Mitmenschen wirklich negativ? Oder war sie neutral bzw. sogar positiv? Was war der eigentliche Inhalt des Gesprächs? Was hat die andere Person gesagt? Und wurde wirklich etwas Schlechtes gesagt oder hast du ihren Wörtern weitere Bedeutungen gegeben? Vielleicht reagierte eine Person nicht negativ, sondern hatte einfach keine Zeit.  

Dann sind da noch deine Gedanken über die Welt. Nimmst du das Schlimmste an, wenn es um die Absichten anderer geht? Hast du bereits vor einer sozialen Interaktion entschieden, wie sie verlaufen wird? Gehst du davon aus, dass andere dich nicht um sich haben wollen?

Versuchst du, Schmerz auszuweichen, und willst nicht riskieren, dich zu öffnen? Und falls das der Fall ist, kannst du dem anderen einen Vertrauensvorschuss geben? Kannst du annehmen, dass sie für und nicht gegen dich sind? Kannst du riskieren, wieder offen und verletzlich zu sein? 

Und letztlich dein Verhalten: Vermeidest du Möglichkeiten, Zeit mit anderen zu verbringen? Suchst du nach mal mehr, mal weniger billigen Entschuldigungen, um Einladungen ablehnen zu können? Oder stößt du andere ab, um dich zu schützen? Reagierst du so als ob du angegriffen würdest?

Suchst du wirklich nach neuen Bekanntschaften? Oder hast du deine Situation als Status-Quo akzeptiert? Natürlich ist jede:r besonders und einzigartig und Selbstbeobachtung allein mag vielleicht nicht ausreichen. 

Auf der nächsten Seite haben wir eine Liste an Tipps vorbereitet, die garantiert aus der Einsamkeit helfen…

Über die Serie

Was ist Glück? Was bedeutet es, glücklich zu sein? Ist Glück eine Veranlagung? Wie wird man glücklich? Existentielle Fragen, die einerseits höchst individuelle Antworten bergen, aber andererseits wissenschaftlich ergründbar sind. Glücksforschung ist ein gut gelauntes Metier der Wissenschaft, das noch gar nicht so lange existiert. Die „positive Psychologie“ rückt zum Beispiel die schönen Gefühle in den Mittelpunkt. Und dafür gibt es gute Gründe: Denn vorbeugen ist leichter als heilen, das gilt auch für psychische Erkrankungen. Kaum etwas macht dich so gesund wie eine optimistische Lebenseinstellung!

Also: keine Esoterik, Quacksalberei oder falsche Versprechen. In dieser Serie findest du ausschließlich wissenschaftlich bewiesene Glücklichmacher – inklusive Tipps und Tricks für dein eigenes Wohlbefinden.

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