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Depression 101: How to cope richtig
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Doppelbelastung aus der Hölle: Depression & Krebs

Depressive Episoden sind oft hartnäckige Begleiter auf der Krebsreise. Mit ihnen richtig umzugehen, kann den Ausgang der Erkrankung positiv beeinflussen. Nur: Depri sein ist nicht gleich Depression. Wir schaffen einen kleinen Überblick über Diagnosen und Symptome und sagen euch, was ihr selbst tun könnt. 

Also normalerweise versuchen wir ja, eine gewisse Prise Witz und Leichtfüßigkeit in unsere Artikel zu pfeffern, aber bei Depression in Kombination mit Krebs wird es langsam richtig schwer. Wir werden sehen, ob es uns gelingt, euch den ein oder anderen Lacher zu entlocken.  

Von humoristischen Grenzgängen mal ganz abgesehen, wollen wir uns hier mit zwei Thematiken beschäftigen, die sich recht gerne überschneiden. Manchmal ist es schwer, einzuordnen, was zu den Nebenwirkungen der Chemotherapie gehört, was Schockreaktion auf die Diagnose ist und was wirklich Depression. 

Dieser Artikel ist die Antwort auf folgende Fragen: 

  • Was sind Symptome einer Depression? 
  • Was ist der Unterschied zwischen Depression und Anpassungsstörung? 
  • An wen kann ich mich bei depressiven Verstimmungen wenden? 
  • Was machen Psychoonkolog:innen? 
  • Was machen Antidepressiva mit mir? 
  • Wie unterscheiden sich Nebenwirkungen und depressive Symptome? 
  • Was kann ich selbst gegen eine Depression tun? 
  • Was mache ich, wenn ich mich nach Krebs verloren fühle? 

Depression 101: Die Basics 

Vorerst ein paar nüchterne Infos zum Einstimmen: Depressionen sind eine recht typische Begleiterscheinung bei Menschen mit Krebs. Je nach Krebserkrankung leiden zwischen 5 und 46 Prozent während der Therapie auch an einer Depression. Aus einer lebensbejahenden Perspektive bedeutet das aber ebenso, dass mehr als die Hälfte der Patient:innen psychisch ganz gut über die Runden kommt.  

Der Begriff Depression wird gerne inflationär verwendet. Eine Woche in einem Stimmungsloch zu stecken oder generell verstimmt zu sein, ist noch keine Depression oder Episode. Eine depressive Episode klingt zwar kurz, kann aber bis zu mehreren Monaten anhalten und liegt vor, wenn du mindestens zwei Wochen lang Symptome aufweist, die fast täglich auftreten und für die meiste Zeit des Tages anhalten.

Wenn sich mehrere Episoden aneinanderreihen, kann man getrost von einer psychischen Störung oder „Major Depression“ reden. Die kann man wiederum in leicht-, mittel- und schwerwiegend unterteilen, je nach Häufigkeit folgender Haupt- und Nebensymptome:  

  • Hauptsymptom 1: Eine gedrückte Stimmung, eine graue Regenwolke schwebt über dir – du bist traurig, niedergeschlagen, mutlos, still und hoffnungslos. 
  • Hauptsymptom 2: Du hast keinen Bock auf alle möglichen Aktivitäten. Freund:innen laden dich ein, du schreibst nicht zurück oder sagst ab. Wandern? Nee. Eisessen? Nein, danke. Billard spielen? Da bin ich doch so schlecht drin. Partner:in suchen? Ach, ich bin doch so uninteressant. Liste erweiterbar.  
  • Hauptsymptom 3: Antriebslosigkeit. Überhaupt aus dem Bett zu kommen benötigt galaktische Ausmaße an Überwindung. 
Depressiver Hund am Boden
Depression 101: Wenn sogar Gassigehen elend viel Überwindung kostet. (Foto: Pixabay)

Die Nebensymptome können vielfältig sein, sind aber auch einfacher zu fassen: 

  • Deine Aufmerksamkeit ist eingeschränkt. Es ist furchtbar schwer, auch nur kleine Entscheidungen zu treffen. Sich Dinge zu merken ist ein Ding der Unmöglichkeit – das kann auch den Austausch mit den Ärzt:innen und die daraus resultierende Therapieplanung erheblich beeinträchtigen. Depressive Menschen neigen auch eher dazu, Behandlungen abzubrechen, da die Therapiebereitschaft generell geringer ist. 
  • Schlafstörungen: Du kannst nicht einschlafen, durchschlafen oder schläfst gefühlt nur noch. 
  • Appetitmangel: Du weißt: Essen ist essenziell. Aber irgendwie fehlt die Lust darauf. 
  • Gewichtsverlust – nicht die gute Art! 
  • Pessimistische Zukunftsaussichten, evtl. auch Selbstmordgedanken 
  • Vermindertes Selbstwertgefühl: Deine Haut ist dünner als Seide und du fühlst dich wertloser als ein simbabwischer Dollar. 
  • Verlust der Libido: Der Sexualtrieb mäandert auf dem Abstellgleis. 
  • Müdigkeit und Energieverlust, ähnlich der Fatigue (dazu später mehr) 
  • Schuldgefühle 

In unserem Podcast „Let’s talk about Krebs, Baby!“ haben wir Elisabeth Ritter getroffen. Eine Psychologin und Psychoonkologin, die viel über depressive Episoden weiß. Was sind die Symptome einer Depression im Gegenzug zu einer depressiven Verstimmung oder Anpassungsstörung? Wo unterscheiden sie sich? Wie damit umgehen und wann Hilfe holen? Hör mal rein!

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Was tricky ist: Einige dieser Symptome überschneiden sich ganz gerne mit den Nebenwirkungen der Chemo, der Hormontherapie, oder auch anderen Therapien. Wenn du mehr darüber hören willst, lausche mal in unsere neue Podcastfolge zu Depressionen und Krebs.

Wir können gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, Depressionen früh zu erkennen und zu behandeln. Oder noch besser: gar nicht dazu kommen lassen. Im gesunden Zustand schon regelmäßig Selbstfürsorge zu betreiben, schmälert die Chance einer Depression während der Erkrankung schon erheblich. Aber die Dinge laufen halt nicht immer glatt… 

Bei einer gewaschenen Depression verschlechtert sich die krebsliche Behandlungsprognose, weil Patient:innen oft weniger imstande sind, aktiv mitzuarbeiten. Das kann zu verspäteten Diagnosen oder ineffektiveren Behandlungen führen. Sogar die Sterblichkeit erhöht sich in diesem Zusammenhang. 

Gewichte stemmender Mann mit freiem Oberkörper
Wer öfter stemmt, baut schneller Muskeln auf. Lerne, schlechte Momente zu stemmen, um die schönen Momente umso mehr schätzen zu können. (Foto: Pixabay)

Aber warte noch kurz! Bevor wir das Metier Krebs gänzlich beschreiten, lass uns klarstellen: Depression ist nicht gleich Depression. Je nach Auslöser wird unterschieden in:  

  • Anpassungsstörungen: eine reaktive Depression, ausgelöst durch ein bestimmtes Ereignis in deinem Leben. 
  • Trauer: geht immer mit einem schwerwiegenden Verlust einher. 
  • Psychische Störung: kein Trigger, sie passieren einfach, manche Menschen haben eine depressive Veranlagung. 

Auf der nächsten Seite erfährst du, wer dir aus diesem Loch heraushelfen kann.

Über die Serie

Eine Krebsdiagnose schlägt wie ein riesiger Meteorit in das Leben von Betroffenen und Angehörigen ein. Wer damit konfrontiert wird, weiß im ersten Moment nicht, wie mit der neuen Situation umzugehen ist. Das ist komplett normal. Bisher schien alles so toll in geradlinigen Bahnen zu verlaufen. Nun sind vom einen auf den anderen Tag die Prioritäten total verschoben.

Kurvenkratzer reicht dir mit dieser Checklisten-Serie Tipps für die Bewältigung des Schocks. Wir haben praxiserprobte Hilfestellungen für die häufigsten Situationen während einer Krebserkrankung für dich auf Lager – vom medizinischen Gespräch bei der Diagnosestellung bis zum Reha-Aufenthalt in der Nachsorgephase. Und wir geben Impulse, wie dir ein achtsamer Umgang mit der Erkrankung gelingt.

Bitte beachte: Krebs ist höchst individuell. Die auf diesen Seiten enthaltenen Informationen stellen keine verbindliche und vollumfängliche medizinische Auskunft dar. Bitte berate dich betreffend deiner Therapieentscheidung jedenfalls mit deiner Ärztin oder deinem Arzt. Kurvenkratzer übernimmt keine Haftung für Fehlbehandlungen.

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