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Redewendungen rund um den Tod
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Zuletzt gelacht ist (noch lang) nicht totgelacht

Um Sterben und Tod zu verarbeiten, hat sich die Menschheit eine unfassbare Menge an Umschreibungen einfallen lassen. Schauen wir uns doch ihre Herkunft an und finden heraus, was sie bedeuten.

  • “In die ewigen Jagdgründe eingehen” 

Manche Native-American-Stämme stellten sich das Jenseits wie ein Jagdrevier vor, in dem es vor essbarem Wild nur so wimmelt. Nie mehr Nahrungssorgen, das pure Paradies.  

  • “Unter die Räder kommen” 

Das Rad im Sinne des ewig drehenden Kreises ist ein Symbol für die Einheit, das Absolute, Vollkommene, die Ewigkeit, die unendliche Wiederkehr aller Dinge – wie die Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. Endlos in Bewegung und doch still. Ohne Schwachstelle, für immer in sich abgeschlossen. Oder vielleicht geht’s hier einfach nur um tödliche Verkehrsunfälle. 

  • “Die große/ewige Grätsche machen/Alle Viere von sich strecken/Die Beine hochklappen” 

Der Ursprung dieser Redensarten ist sicherlich nicht besonders schön anzuschauen. Wenn sich die Gliedmaße strecken, ist das nämlich ein zuverlässiges körperliches Symptom für das Eintreten des Todes. 

Skelett mit abgelegtem Sensenmannkostüm chillt in einem Klapsstuhl am Seeufer
Gevatter Tod chillt außerhalb seiner Arbeitszeiten am liebsten am FKK-Strand. (Foto: Pixabay)
  • Arschiges: 

    • “Den Arsch zukneifen” 
    • “Der Arsch hat Feierabend” 
    • “Den letzten Dreck scheißen” 
    • “Ihm:ihr ist das Arschloch zugeschnappt” 

Apropos Sterbesymptom. Diese Redewendungen betreffen die letzte Darmtätigkeit, die einem:er Toten zum Glück nicht mehr unangenehm sein kann. Nach dem Exitus erschlafft nämlich die Muskulatur. Das betrifft auch Blase und Schließmuskel, den Rest kannst du dir denken. 

  • “Den Kehraus tanzen” 

Der Kehraus ist der Schlusstanz bei Bällen, bevor die ganze Tanzgesellschaft dann auskehrt. Der allerletzte Kehraus jedoch, ist immer noch der Tod. 

  • Die Variantenvielfalt der ausgeprägten Sargmetaphorik: 

    • “Den Deckel von innen zumachen”
    • “Den Holzpyjama anhaben”
    • “In die Kiste springen”
    • “Er:sie winkt schon aus dem Sarg”
    • “Ihm:ihr hat der Sargdeckel schon auf den Kopf geschlagen”
    • “Er:sie kann schon mal die Bretter nageln”

Selbsterklärend. Der Sarg wurde früher auch Totenbaum genannt, denn er durfte nur aus Holz bestehen. Das ist auch heute noch so, außer, ein Leichentransport passiert über Landesgrenzen, dann gibt es ganz spezifische Bestimmungen und der Sarg besteht aus Zink. Oder bei der Bestattung in Familiengruften, dann ist es Metall. Aber bevor wir hier jetzt ausarten, check am besten gleich unseren Artikel über die 40 skurrilsten Bestattungsarten aus. 

  • “Aus den Latschen kippen” 

Die körperlose Seele geht prinzipiell barfuß. 

  • “Bei Petrus anklopfen” 

Neben seiner Tätigkeit als Wettergott hütet Petrus bekanntlicherweise auch die goldenen Tore des Himmels.

Die Wiener 71er Straßenbahn in Richtung Kaiserebersdorf
Die Todesbahn wäre ein ausgesprochen guter Horrorfilmtitel. (Foto: Alex Rainer/Unsplash)

Österreichisches: 

  • “Die 71’er nehmen” 

Jede:r Wiener:in wird sich denken können, was es mit der 71 auf sich hat. Die Straßenbahn transportiert einen nämlich an den Stadtrand, zum gigantischen Zentralfriedhof. 330.000 Gräber auf 2,5 km2 – eine wahre Todesoase. Was viele nicht wissen: Früher hat man mit der 71er wirklich Tote transportiert. Quasi die altehrwürdige “Leichen-Bim”, inklusive Kreuz vorne drauf. 

  • Der Tod muss wohl ein Wiener sein.  

Die Schnitzelmetropole an der grauen Donau hat eine humorgeladene Faszination für das Morbide. Was sich auch klar im Text eines Liedes von Roland Neuwirth äußert. Der Titel? „Ein echtes Wienerlied“.

Er hat an Abgang gmacht,
Er hat die Patschn gstreckt,
Er hat a Bankl grissn,
er hat se niedaglegt,
Er hat se d‘ Erdäpfel von unt angschaut,
Er hat se sozusagn ins Holzpyjama ghaut. 

Er hat die Bock aufgstellt,
Er hat an Wuaf angsagt,
Er hat se d‘ Schleifn gebn,
Er hat die Stufn packt,
Er is umegstandn,
Er hats umebogn
Er is als arme Sööö zum Petrus aufe gflogn. 

Er hat se abelassn, wia des so schee haßt,
Er ist nachschaun gangen, ob der Deckl paßt,
Zerst hams eam außetragn mit de Fiaß voran,
Jetzt lacht er si statt d‘ Madln drunt die Wirma an. 

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16er Buam, ein echtes Wienerlied.

Epilog 

Jaja, wie kreativ wir unsere Angst vor dem großen Unbekannten schmälern können, es ist schon fast unheimlich. Stell dir vor, wie viele Umschreibungen es dann noch in jeder anderen Sprache geben muss. Brrr. Gegen den Tod ist wohl wirklich kein Kraut gewachsen. 

Über die Serie

Oh nein, nächstes Tabuthema auf Kollisionskurs! Als ob Krebs nicht ausreicht. Machen wir uns nichts vor: Krebs wird direkt mit Sterben, Tod und Trauer in Verbindung gebracht, auch wenn viele Krebserkrankungen gar nicht tödlich sind. Geht’s doch schließlich ums Abschiednehmen, das alte Leben loslassen.

Wer uns kennt, weiß, dass wir alles locker, aber nichts auf die leichte Schulter nehmen. Schon gar nicht das Lebensende. Scheiden tut weh, keine Frage, und den Löffel abzugeben ist nicht lustig, aber wer zuletzt lacht, soll am besten lachen. Lass uns gemeinsam ins Gras beißen! Wie, das erfährst du in dieser Serie.

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