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Claas Röhl
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5 gute Gründe, die Welt zu verbessern

In der neuen Serie „3 mal 3 Patient Advocates“ erzählen drei absolute Profis, warum sie sich für die Belange von Patient:innen einsetzen. Den Start macht Claas Röhl, Gründer und Obmann von „NF Kinder“ und „EUPATI Austria“.

Nach der Geburt des eigenen Kindes steht wohl für die meisten Eltern das Leben Kopf. Bei Claas Röhl hat das einen besonderen Grund. Mit nur sechs Monaten wird seine Tochter mit einer damals – und heute noch immer – unheilbaren genetischen Erkrankung diagnostiziert, die zu häufigem Tumorwachstum führt: Neurofibromatose Typ 1 (NF1). Seither zählt Gesundheit für ihn zum wichtigsten Gut.

„Man sucht sich nicht aus, Patient Advocate zu sein, sondern das Schicksal sucht sich die Menschen aus, die aus einer verzweifelten Situation etwas Positives schaffen möchten.“
– Claas Röhl

Um seiner Tochter und den etwa 4.000 Menschen in Österreich zu helfen, die von Neurofibromatose betroffen sind, gründet Claas Röhl 2013 den Verein NF Kinder. Er ist Gründer und Obmann von EUPATI Austria, Gründer und Vize-Obmann der Allianz onkologischer PatientInnenorganisationen und Vorstandsmitglied bei Pro Rare Austria.

Mann mit Bart vor blauem Hintergrund.
Claas Röhl ist es ein Anliegen, die Lebensqualität von betroffenen Familien zu steigern. Deshalb setzt er sich als Patient Advocate für sie ein. (Foto: Privat)

Was ist das dringendste Thema in deiner Arbeit als Patient Advocate?

„Das hat sich im Laufe der Zeit etwas gewandelt. Zuerst war mein Gedanke Fundraising zu betreiben und alles in die Forschung zu investieren. Bald habe ich aber gemerkt, wie dringend es auch in vielen anderen Bereichen, wie medizinische und psychosoziale Versorgung, Aufklärung, Beratung, Awareness-Steigerung, Abbau von Stigmata, Vernetzung von Betroffenen und Gesundheitsberufen, Verbesserungen braucht, um die Lebensqualität von betroffenen Familien zu steigern.“

„Wir versuchen immer die Stimme unserer Community zu hören und uns an ihren Wünschen zu orientieren.“
– Claas Röhl

„Den kurzfristigen Erfolg gibt es in der Forschung nicht. Hier sind die Ziele mittel- bis langfristig angesetzt. Wir versuchen also, uns allen Themen zu widmen, die zu einer Verbesserung der Situation von Menschen mit Neurofibromatose und ihren Angehörigen beitragen, und haben ein dementsprechend breites Portfolio an Leistungen aufgebaut. Wir versuchen immer die Stimme unserer Community zu hören und uns an ihren Wünschen zu orientieren.“

Welches Erlebnis in deiner Zeit als Patient Advocate bewegt dich seither am meisten?

„Es sind die Interaktionen mit den betroffenen Familien, die mich motivieren und inspirieren. Ich kann von Menschen mit Neurofibromatose so viel lernen. Meine Tochter hat mir mit damals zweieinhalb Jahren vorgelebt, was es heißt, sich seinen Herausforderungen zu stellen und immer positiv zu bleiben. Sie musste in diesem jungen Alter 18 Monate Chemotherapie antreten und einen neurochirurgischen Eingriff überstehen. Manchmal denke ich, sie war für uns eine größere Stütze, als wir es für sie waren.

Später hat sie trotz allem, was sie durchmachen musste, immer zuerst an andere gedacht. Sie war, und ist, ein Sonnenschein. Jede Interaktion mit Betroffenen offenbart mir ihre Stärke. Die schwierigsten Momente meiner Arbeit sind die Momente, wenn ein Mensch mit Neurofibromatose viel zu früh sterben musste, weil leider für viele Symptome noch keine Behandlungsmöglichkeiten existieren.“

„Zu spüren, dass man Menschen helfen konnte, ist das Schönste an meiner Arbeit.“
– Claas Röhl

„Es gab einige Meilensteine in unserer Vereinsgeschichte, die wichtige Veränderungen gebracht haben. Wir konnten in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien das erste österreichische Neurofibromatose-Expertisezentrum aufbauen, mit dem Rehabilitationszentrum Kokon das erste österreichische Rehabilitationsprogramm für Kinder und Jugendliche etablieren, das wissenschaftliche NF-Symposium in Österreich etablieren, ein Netzwerk von Expert:innen aufbauen und zahlreiche psychosoziale Programme ins Leben rufen, sowie Direkthilfe leisten. Zu spüren, dass man Menschen helfen konnte, ist das Schönste an meiner Arbeit.“

In welche Richtung sollte Patient Advocacy in naher Zukunft am besten gehen?

Patient Advocacy sollte als der wertbringende Beruf verstanden werden, der er auch ist. Durch unsere Arbeit entlasten wir das Gesundheitssystem und sind eine wichtige Stütze für Betroffene und Angehörige. Wir verbessern die Versorgungsstrukturen und bringen die Forschung voran.“

„Es braucht den Willen, die Patient:innenperspektive von Anfang an und über alle Entscheidungsphasen hinweg einzubeziehen.“
– Claas Röhl

„Ich wünsche mir von öffentlicher Hand finanzielle Unterstützung für Patient:innenorganisationen sowie signifikante Förderprogramme, die speziell auf die Arbeit von Patient:innenorganisationen zugeschnitten sind. Es braucht solide Ausbildungsmöglichkeiten, um die Professionalisierung unseres Berufsbildes voranzutreiben, und auf der anderen Seite den Willen von gesundheitspolitischen Einrichtungen, Gesundheitsberufen und Forscher:innen sowie von der forschenden Industrie, die Patient:innenperspektive von Anfang an und über alle Entscheidungsphasen hinweg einzubeziehen.“

Infografik mit 5 guten Gründen für Patient Advocacy.
5 gute Gründe für Patient Advocacy: Fundraising betreiben, Lebensqualität von Betroffenen steigern, Direkthilfe leisten, Forschung vorantreiben, Gesundheitssystem entlasten. (Grafik: Kurvenkratzer, Foto: Lena Horvath)

Und, was ist mit deiner Stimme?

Von Krebs betroffenen Menschen hilft es, wenn andere über ihre Krebserkrankung sprechen. Das gibt ihnen das Gefühl, nicht allein zu sein. Trage auch du dazu bei, Krebs in der Gesellschaft zu enttabuisieren. Lass uns deine Stimme hören.

Wir sprechen über Krebs. Gemeinsam. Laut. 

Quellen und Links:

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: Kurvenkratzer/Lena Horvath

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