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Wie Krebs deine Fruchtbarkeit beeinflusst
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Ich habe Krebs und einen Kinderwunsch – was nun?

Unser Guide zeigt dir klar und empathisch, was Krebs und Therapien mit deiner Fruchtbarkeit machen – und was du tun kannst, um die Chance auf ein eigenes Kind zu bewahren.

Seite 2/2: Jetzt geht’s darum, was du vor, während und nach der Therapie tun kannst, um deine Fruchtbarkeit am Leben zu halten. 

Was kannst du vor der Therapie tun, um fruchtbar zu bleiben? 

Eizellen einfrieren 

  • Werden ultraschnell eingefroren, sodass Eiskristalle verhindert werden. 
  • Eizellen sind dadurch beinah unbegrenzt haltbar. 
  • Leider ist das Ganze nicht billig: Du kannst in Deutschland mit 3.000€ für das Einfrieren rechnen und nochmal 200€ bis 300€ pro Jahr für die Lagerung. Die Preise variieren je nach Klinik. In Österreich liegen die Preise bei ca. 5.000€. 
  • Risiko beim Auftauen 
    • Es kann zu Zellschäden kommen. 
    • 10 bis 20 Prozent aller Eizellen überstehen den Prozess nicht. 
  • Die Erfolgswahrscheinlichkeit hängt stark vom Alter der Frau (je jünger desto besser) UND der Anzahl der gewonnen Eizellen ab. 
fast geschmolzener Schneemann
Bedenke rechtzeitig die Option „Einfrieren“ – um deine Chancen auf ein Kind nach der Krebstherapie zu erhöhen. (Foto: Unsplash/Andri Wyss)

Spermien einfrieren 

  • Besonders bei Hodenkrebs ratsam, damit einem die Entscheidung nicht wortwörtlich abgenommen wird. 
  • Vor der für eine spätere Verwendung OP einfrieren, falls Spermienqualität und -quantität nicht ausreichen. 
  • Gibt dir auch langfristig Entscheidungsfreiheit. 

Eierstockgewebe einfrieren 

  • Eizellen werden mitsamt dem umgebenden Gewebe entnommen. 
  • Sie entgehen so der zerstörerischen Chemo-Mania und dem Strahlen-Strudel. 
  • Das Gewebe wird wieder eingesetzt, sobald der Spuk vorbei ist. 

Was kannst du während der Therapie tun, um fruchtbar zu bleiben? 

Es gäbe hier die GnRH-Analoga, die im Prinzip wie ein “Hormon-Aus-Schalter“ funktionieren und in die künstliche Menopause versetzen. Auch hier gilt: Unbedingt Arzt oder Ärztin darauf anquatschen. 

Was kannst du nach der Therapie tun? 

Warten, prüfen, planen! Wenn für dich nach der Chemo vor der Schwangerschaft ist – gratuliere! Aber nicht übereifrig werden, denn es ist wichtiger, den richtigen Zeitpunkt zu wählen 

Künstliche Befruchtung 

Wenn die Behandlung abgeschlossen ist, und dein Körper sich stabil anfühlt, ist es auch eine Möglichkeit, das Vorspiel zu überspringen, und den Spermien ein VIP-Shuttle direkt zur Eizelle zu bestellen. 

  • Sinnvoll, wenn Eizellen/Spermien bereits vor der Therapie eingefroren wurden, die Gebärmutter gesund und munter ist und Ärzt:innen grünes Licht geben.
  • Erfolgsrate für Frauen < 35: ca. 50 % pro Zyklus
Paprikahälfte und darauf ausgerichtete Kerne
Wenn du das Kinderkriegen nach der Krebstherapie beschleunigen möchtest, kann eventuell eine künstliche Befruchtung sinnvoll sein. (Foto: Pexels/Deon Black)

Eizellspende 

Jetzt stellt sich noch die furchtbar offensichtliche Frage: Wenn man keine (funktionierenden) Eizellen mehr hat, wieso nicht einfach fremde einsetzen lassen? Ja, gute Idee. Aber es gibt in Deutschland etwas, dass sich „Embryonenschutzgesetz“ nennt und die Eizellenspende verbietet.  

Das hält manche aber nicht davon ab, dafür ins Ausland zu gehen. In Österreich ist sie beispielsweise legal, aber nur unter strengen Auflagen. Selbiges gilt für Länder wie Tschechien oder Spanien, die regelrechten “Fruchtbarkeitstourismus” erleben. 

Wie testest du, ob du noch fruchtbar bist? 

Wenn du dir schon länger Kinder wünschst, willst du wahrscheinlich möglichst schnell nach der Therapie herausfinden, ob dieser Wunsch noch lebensfähig ist. Ein bisschen musst du dich jedoch gedulden. 

  • Untersuchungen sind erst einige Monate nach der Chemo sinnvoll 
  • Danach kann alle sechs bis 12 Monate bei Gynäkolog:innen, Urolog:innen oder im Kinderwunschzentrum getestet werden.  
  • Eierstock-Ultraschall, kombiniert mit Hormonchecks, zeigen, wie hoch dein Fruchtbarkeitslevel ist und wie viel Reserve noch im Tank steckt. 
  • Wenn Eierstöcke nicht dauerhaft geschädigt wurden, kehrt die Periode meist ein paar Monate nach der Chemo zurück.  
  • Die Rückkehr der Regelblutung garantiert leider noch lange nicht die Fruchtbarkeit. Es bedeutet lediglich, dass wieder ein Hormonzyklus stattfindet. 

Und was ist mit Adoption? 

Ein komplexes Thema, gerade bei Krebs. Denn an sich ist die Erkrankung kein offizielles Ausschlusskriterium, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ihr als betroffenes Paar in der Bewertung eher weiter unten auf der Liste steht, ist leider relativ hoch. 

Keine Kinder? Kein Tabu. 

So, jetzt kennst du dich aus. Egal, welcher Krebs oder welche Therapie dir gerade zu schaffen macht, der Kinderwunsch und die hinterherhechelnde Belastung sind genauso real wie der Krebs selbst. Du bist damit nicht allein, so geht es vielen Frauen, Männern und Paaren. Und genau deswegen ist dieses Thema als Tabu total unqualifiziert 

Wir reden weiter darüber – auch dann, wenn klar ist, dass dein Kinderwunsch unerfüllt bleiben wird. Folge uns zum nächsten Artikel, in dem uns krebsbetroffene Frauen von ihren Erfahrungen mit der Kinderlosigkeit erzählen. 

Quellen und Links: 

Dieser Artikel wurde von Kurvenkratzer sorgfältig recherchiert, gecheckt und auch einer medizinischen Prüfung unterzogen. Wir bedanken uns herzlich Julian Marschalek, Facharzt für Geburtshilfe und Frauenheilkunde. 

Titelbild: Unsplash/Getty Images

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