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3 x 3 zu Weihnachten
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Ein Jucken ist kein Super-GAU

In der Miniserie „3 mal 3 zu Weihnachten“ erzählen drei an Krebs erkrankte Menschen über ihr Fest der Liebe. Heute ist Alexander dran: Warum ein Juckreiz oder eine kleine Schwellung nicht gleich der größte anzunehmende Unfall sein muss.

Alexander ist 37, Buchhalter, und betreibt einen Autotuning-Onlineshop. Für den Vater zweier Töchter spielt Krebs keine nennenswerte Rolle, als er im Juni 2019 immer wieder Werbung für Krebsversicherungen in die sozialen Medien gespült bekommt. „Eine gute Idee“, denkt er sich, aber da die Verwandtschaft frei von Krebsfällen ist, sieht er keinen Grund, sich abzusichern.

Vier Monate später ändert sich das plötzlich. Im Oktober 2019 steht ein Verdacht auf Hoden- oder Lymphknotenkrebs im Raum. Ein Zufallsbefund – ging er doch nur wegen Rückenschmerzen zum Arzt. Die Abklärung zieht sich über Weihnachten und darüber hinaus. Erst Anfang Januar 2020 steht die endgültige Diagnose Hodgkin-Lymphom fest.

Mann mit Vollbart in Strickpullover mit der Aufschrift „Ho, Ho, Ho“.
Mit Humor ist alles zu schaffen, davon ist Alexander überzeugt, selbst Verunsicherung. (Foto: Privat)

Wie war das erste Weihnachten nach der Diagnose für dich?

Streng genommen war ich bei meinem ersten Weihnachten nach der Diagnose bereits wieder mehr als acht Monate geheilt. Deshalb ist für mich das letzte Weihnachten vor der endgültigen Diagnose interessanter: Mitte Dezember zeichnete sich nach fast drei Monaten intensiver Diagnostik immer mehr ab, dass ich mich demnächst mit einer Krebserkrankung befassen muss.

Da ich zu dem Zeitpunkt noch nichts über Art und Stadium wusste, war ich permanent in einem Schwebezustand zwischen radikaler Akzeptanz und Fatalismus. Ich entschied mich vorerst für die radikale Akzeptanz, allein schon wegen der bevorstehenden Feiertage. Ich wollte sie so intensiv und unbehelligt wie möglich mit meiner Familie verbringen.

„Der Rest würde sich dann finden, wenn es so weit ist.“
– Alexander Heckrodt

Die Zeit vom 22. bis 24. Dezember nutzte ich, um meine Eltern zu informieren. Sie waren betroffener als ich. Ich muss aber dazu sagen, dass ich während meiner 4-jährigen Dienstzeit in der Bundeswehr viele Möglichkeiten hatte, den Umgang mit psychischen Ausnahmesituationen zu trainieren. So nutzte ich diese Fähigkeiten, alle unnötigen Gedanken wegzuwischen und mich erst mit der Krebserkrankung zu befassen, wenn ich alle Details vorliegen hätte – was definitiv nicht während der Feiertage passieren würde.

Die größte Belastung hatte ich über das Gespräch mit meinen Eltern kanalisiert und verarbeitet, und konnte einigermaßen unbehelligt im Kreis meiner Familie feiern. Es war ein sehr schönes Weihnachtsfest. Der Rest würde sich dann finden, wenn es so weit ist. Darüber hinaus war die Heilungsprognose mit 85 % auch recht gut.

Nächtliche Häuserzeilen einer Kleinstadt bei Schneefall, von einzelnen Straßenlaternen besinnlich beleuchtet.
Trotz der unklaren Krebsdiagnose lässt sich Alexander das Weihnachtsfest nicht vermiesen und besinnt sich auf seine Familie. (Foto: Pexels/Lisa)

Feierst du Weihnachten seit deiner Krebserkrankung anders?

Für mich war Weihnachten immer ein Fest der Familie. Die Zeit intensiv miteinander verbringen stand immer im Vordergrund. Das ist auch heute noch so. Früher habe ich immer viel gearbeitet. Heute nehme ich mir mehr Auszeiten und genieße die Zeit mit meiner Familie ausgiebiger – nicht nur an den Feiertagen.

Was wünschst du dir selbst zu Weihnachten?

Ich wünsche mir, dass das Grundvertrauen in meinen Körper zurückkehrt. Derzeit ist es so, dass ich achtsamer auf Signale meines Körpers reagiere. Manchmal reagiere ich allerdings über. Jeder Juckreiz, jede vermeintliche Vergrößerung von Lymphknoten ist für mich bereits der Super-GAU.

Da mittlerweile bereits zweimal die halbjährlichen CT- und MRT-Untersuchungen ohne Befund ausgefallen sind, hoffe ich, dass ich insgesamt bald auch wieder ruhiger und gelassener werde. Ich hoffe, dass meine Lieben niemals den Weg gehen müssen, den ich gehen musste und sie gesund ihr Leben genießen können.

Mann mit Vollbart im Poloshirt vor einer Wand mit perspektivischem Muster.
Alexander hat alle Fäden fest in der Hand. Wie er sein neues Leben mit Familie und T5 beim „Schnecken-Stechen“ genießt, ist auf seinem Blog zu lesen. (Foto: Privat)

Na, was wünscht du dir?

In einer übervollen Welt sind Wünsche nicht mehr viel wert. Mit Krebs ist das anders. Da ist Wünschen plötzlich unbezahlbar. Wenn du der gleichen Meinung bist, freuen wir uns, wenn du den Beitrag teilst. Und schreib dazu, was du dir wünscht.

Wir sprechen über Krebs. Laut. Mach auch du mit.

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