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3 x 3 zu Weihnachten
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Das Wichtigste im Leben

Gutes Essen, glänzende Kinderaugen und Schnee. Das sind nur drei von Claires Wünschen für das kommende Weihnachtsfest. In unserer Miniserie „3 mal 3 zu Weihnachten“ erfahren wir, worauf es wirklich ankommt im Leben.

Claire ist 26 Jahre alt und Mama einer dreijährigen Tochter. 2020, als ob der Corona-Lockdown nicht schon einschneidend genug ist, erhält sie eine Brustkrebs-Diagnose. Zwei Strahlentherapien und über zehn Operationen später ist sie momentan mit der vierten Chemotherapie beschäftigt. Obwohl sie weiß, dass sie ihre Erkrankung nicht überleben wird, macht sie weiter – oder gerade deswegen.

Heute geht es für Claire darum, „möglichst viel Zeit zu gewinnen und diese Zeit möglichst gut zu nutzen. Ich will Erinnerungen schaffen für meine Tochter und meinen Mann, ich will auch in Jahren noch die Mama sein, von der erzählt wird mit einem Lächeln im Gesicht, auch wenn ich nicht dabei sein kann.“ Wie das für sie aussieht, erzählt sie in diesem Interview.

Fröhlich lächelnde Frau mit platinblonder Frisur in gestreiftem T-Shirt.
Vom Niederfallen, Aufstehen, Niederfallen und wieder Aufstehen weiß Claire ein Lied zu singen. Lebensmut hat sie in Hülle und Fülle. (Foto: Privat)

Wie war das erste Weihnachten nach der Diagnose für dich?

Das erste Weihnachten nach der Diagnose war letztes Jahr. Ich wusste bereits, dass die Chemo nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte, ich wusste von meinem Rezidiv. Es war ein sehr schönes Fest, das wir wegen Corona im kleinen Kreis feierten. Und es war kaum überschattet von dem Gedanken, es könnte mein letztes oder eines meiner letzten Weihnachtsfeste sein. Aber ich wusste auch noch nichts davon, dass auch in der anderen Brust Krebs ist, und von den Metastasen.

Feierst du Weihnachten seit deiner Krebserkrankung anders?

Mit einer Krebserkrankung geht eine andere Sicht auf die Dinge einher. Ich lege seit der Diagnose weniger Wert auf Materielles und mehr Wert auf gute Zeit mit meinen Lieben. Deshalb werde ich dieses Jahr anders feiern.

„Wir werden den Weihnachtszauber herzaubern lassen.“
– Claire Peisker

Meine Prognose ist schlecht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das mein letztes Weihnachten wird. Das ist okay. Aber es wäre dann eben auch das letzte Weihnachten meiner Tochter mit ihrer Mama. Ich möchte Erinnerungen für sie schaffen, die bleiben, die aufblitzen und in Form von Bildern und Gefühlen den Weihnachtszauber, den ich selbst als Kind erleben durfte, für sie speichern. Und ich möchte Teil dieser Erinnerungen sein.

Aufgrund meiner fortschreitenden Erkrankung und einiger Komplikationen sitze ich viel im Rollstuhl und bin weit davon entfernt, Weihnachten zuhause so gestalten zu können, wie ich es haben wollen würde. Ich möchte das Fest der Liebe und der Familie nicht im Stress und mit Streit verbringen. Wir werden deshalb dieses Jahr über Weihnachten vereisen und andere Menschen den Weihnachtszauber herzaubern lassen.

Frau mit Kurzhaarfrisur vor einem Blumenbeet.
Auch wenn es schwierig ist, lässt sich Claire die Diagnose triple negatives Mammakarzinom nicht immer ansehen. (Foto: Privat)

Was wünschst du dir selbst zu Weihnachten?

Ich wünsche mir ganz banal, dass ich Weihnachten erlebe, dass es mir Weihnachten so gut geht, dass ich Weihnachten tatsächlich feiern kann und dass es trotz allem ein glückliches Fest wird. Ich wünsche mir glänzende Kinderaugen und gutes Essen. Und Schnee.

„Solange ich nicht tot bin, werde ich die Hoffnung nicht aufgeben.“
– Claire Peisker

Als kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont gibt es eine Therapie, die mir helfen könnte. Mehr Zeit, oder gar eine Hoffnung, möge sie noch so klein sein, auf Remission, darauf meine Tochter groß, vielleicht sogar erwachsen werden zu sehen – das wäre natürlich mein persönliches Weihnachtswunder schlechthin.

Ich bin ein ungebrochener Optimist und solange ich nicht tot bin, werde ich die Hoffnung nicht aufgeben, aber ich möchte auch nicht falsch verstanden werden: Ich weiß, dass meine Chancen sehr schlecht stehen. Ich werde meine Hoffnung nicht auf etwas fokussieren, nur um dann zu verzweifeln, wenn sich Türen schließen und der Tod näherkommt.

Ich liebe mein Leben, aber noch viel mehr liebe ich meine Tochter, meinen Mann, meine Familie, meine Freunde. Wie viel Zeit ich habe, ist nicht das Wichtigste. Das Wichtigste ist, wie viel Leben in dieser Zeit ist.

Lächelnde Frau mit Kurzhaarschnitt, am Kragen des T-Shirts ist ein Verband erkennbar.
Selbst wenn die Verletzungen offensichtlich sind, bleibt Claire in hoffnungsvoller Stimmung. Wie es ihr dabei ergeht, erzählt sie ausführlich im Blog. (Foto: Privat)

Nachtrag am 15.03.2022: Obwohl Claire keinen Hehl um ihre aussichtslose Prognose machte, traf uns die Nachricht ihres Ehemanns Mitte Februar auf Facebook überrascht. Claire Peisker hat den 13. Februar 2022 nicht überlebt.

Etwa einen Monat vor ihrem Tod schreibt sie in ihr Onlinetagebuch: „Man sollte sein Glück nicht in der Zukunft erhoffen sondern in der Gegenwart suchen.“ Trotz Krebserkrankung sei sie heute näher am Glück.

Claire wird uns mit ihren liebevollen Worten, ihrem eisernen Durchhaltevermögen und ihrer unbeugsamen Hoffnung in Erinnerung bleiben. Wir danken dir für alles.

Na, was wünscht du dir?

In einer übervollen Welt sind Wünsche nicht mehr viel wert. Mit Krebs ist das anders. Da ist Wünschen plötzlich unbezahlbar. Wenn du der gleichen Meinung bist, freuen wir uns, wenn du den Beitrag teilst. Und schreib dazu, was du dir wünscht.

Wir sprechen über Krebs. Laut. Mach auch du mit.

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